|
DIE GESCHICHTE UNSERER KIRCHE
Gleschendorf ist eine sehr alte, an jener Stelle angelegte Siedlung, wo am Ende der Eiszeit die Schmelzwasser des Urstroms
der Schwartau einen schwachen Erdriegel durchbrachen.
Frühgeschichtliche Funde beweisen, dass die Landschaft
um Gleschendorf ununterbrochen bewohnt war. Der Grund für die heutige Dorfschaft wurde von deutschen
Siedlern nach den
Angaben von Historiker O. Jarchow nach dem endgültigen Sieg über die Wenden im Jahre 1138/
1139 auf den Resten der alten slawischen Siedlung gelegt.
Inmitten des alten Dorfkernes, auf einem Hügel oberhalb der Schwartau gelegen, findet man den weithin sichtbaren,
in seiner Form einzigartigen Feldsteinturm der Gleschendorfer Kirche.
Diese wird urkundlich erstmalig im Jahre 1259
erwähnt, dürfte aber wesentlich älteren Ursprungs sein. Denn während die anderen Dorfkirchen im ehemaligen Bistum
Oldenburg, nach dem
1149 dorthin zum Bischof berufenen Priester Vicelin und seiner Bauhütte auch "Vicelin-Kirchen"
genannt, ganz typische Rundtürme aufweisen (Bosau, Neukirchen, Ratekau), änderte sich
um 1200 der Baustil auch
der Dorfkirchen.
Man bevorzugte jetzt auch in den Dörfern die von den Städten her bekannte viereckige Bauweise für die Türme, wie
sie der Gleschendorfer Kirchturm aufweist. So kann man nach O. Jarchow
annehmen, daß die Gleschendorfer Kirche
um das Jahr 1200 entstanden sein dürfte. (Otto Jarchow, aus der Geschichte Ostholsteins, Selbstverlag 1978).
Im Gegensatz zu den typischen Vicelinkirchen, bei denen die in großer Zahl in der freien Natur zur Verfügung stehenden
Feldsteine wahllos in eine kreisförmige Schalung geschüttet und dann
mit Segeberger Kalkmörtel verschlämmt
und damit verfestigt wurden, hat man beim Gleschendorfer Kirchturm die Steine sortiert und diese - so wie bei den
städtischen Kirchen die Ziegelsteine -
schichtweise aufgesetzt und dann die zwischen den Feldsteinen verbleibenden
Hohlräume wie bei den typischen Vicelinkirchen mit Mörtel aufgefüllt. Hierfür wurde Kalk aus dem Segeberger
Kalkberg
verwendet. Dieser wurde auf den jeweiligen Bauplätzen "gebrannt", dann mit Wasser angerührt und zwischen die
in den Verschalungen aufgehäuften Feldsteine geschüttet. Typisch für
alle Feldsteinkirchen jener Zeit ist die mächtige
Dicke der Turmmauern, welche bis zu 2,75 m beträgt.
Der Gleschendorfer Turm weist in seinem unteren Teil zwei Mauerschalen aus Feldstein auf, welche gesammt eine
Dicke von 2,72 m haben. An den beiden Mauerschalen ist außen wie innen
die Schichtung in den unteren Mauerteilen
deutlich zu erkennen. Im Zuge der 1997erfolgten Innenrestaurierung des Turmes und der Beseitigung des Hausschwammes
im Balken- und Mauerwerk
der Zwischenwände im Turminneren konnte man die gewaltige Dicke des
Mauerwerkes der Innenschale gut beobachten, solange das Innenmauerwerk noch nicht wieder hergestellt worden war.
diese innere Mauerschale reicht bis in eine Höhe von etwa 2,5 m.
Das Mauerwerk des Turmes bereitete in den letzten Jahren infolge der Restaurierung in den 50er Jahren des vergangenen
Jahrhunderts große Probleme. Der damals nach neuesten Erkenntnissen
in die Hohlräume im Mauerwerk unter Druck
zur Sicherung des Mauerwerks durch Bohrlöcher von außen eingebrachte Spritzbeton hat im Laufe der Jahre und in
letzter Zeit zunehmend eine Art
"Sprengwirkung" entfaltet. Diese ist dadurch entstanden dass der hohe Wassergehalt des
Betons in der Kombination mit dem beim Bau verwendeten Kalkmörtel aus dem Segeberger Kalkberg
eine chemische
Reaktion einging, welche zu einer Volumenzunahme führte und die Feldsteine von innen her auseinanderdrängte.
Aus diesem Grunde wurde im Zuge der Sanierumgsmaßnahme der äußere feuchtigkeitsdichte Mörtel der damaligen Verfugung
entfernt und der Turm zur besseren Austrocknung mit wetterdichten
Planen "à la Christo" verhüllt. war für die
Austrocknung ein Zeitraum von mehreren Jahren erforderlich, bis schließlich im Jahre 2003 die aufwendige Restaurierung
vollendet werden konnte.
Der Turm wird von einem steilen, in seinem unteren Anteil quadratförmigen,
im oberen Teil achteckigen Schindeldach überragt, das bis zu einer Höhe von
etwa 27 m emporsteigt. Es weist an den
drei freien Flächen im quadratischen
Dachteil Schall-Luken auf und trägt an der Westseite und am Übergang zum
achteckigen Teil unter einem kleinen Erker die Uhrglocke, welche im Kriege
entfernt
und eingeschmolzen und in der Nachkriegszeit erneuert wurde. Alle
drei Schall-Luken sind in merkwürdiger Weise gegenüber den beiden Zifferblättern
der Uhr an der Nordund Südseite, sowie der
Uhrglocke an der Westseite
jeweils nach rechts versetzt. Nachdem auch die Zifferblätter der Uhr,
welche aus den ersten Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammen, nicht
symmetrisch zu
den jeweiligen Dachflächen angebracht sind, gewinnt der Turm
dadurch im Auge des Betrachters eine gewisse Lebendigkeit.
Das eigentliche Geläut der Kirche umfaßt drei Läuteglocken. Auch diese wurden
im 2.Weltkrieg im Jahre 1944 ebenso wie die Uhrglocke abtransportiert
und zum Einschmelzen nach Hamburg
gebracht. Sie blieben aber glücklicherweise
unversehrt erhalten und wurden unter großer Anteilnahme der Bevölkerung nach
Beendigung des Krieges wieder zurückgebracht und nehmen seitdem
ihren alten
Platz im Uhrgeschoß und der Glockenstuhlebene des Turmes ein. Zwei dieser
Bronzeglocken stammen von M. Benningk aus dem Jahre 1563 und weisen ebenso
wie die Glocke von R.
Benningk aus dem Jahre 1611 einen Zierfries und ein Umschrift auf.
Das ursprüngliche Kirchenschiff war ebenfalls aus Feldsteinen errichtet. Es mußte
wegen starker Schäden im Mauerwerk im Jahre 1863 abgebrochen werden und
wurde im Zuge der damaligen
unruhigen politischen Zeiten der Deutsch-Dänischen
Auseinandersetzung um Schleswig Holstein durch einen schlichten Ziegelbau mit einer Apsis im Osten ersetzt. Dieser Bau
in der Breite des
erhalten gebliebenen Turmes ist innerhalb eines Jahres errichtet worden und in dieser Form bis heute unverändert
erhalten. Aus der neueren Zeit stammen die Leichenkapelle an der Nordseite und
eine schmucklose Sakristei an
der Südseite.
Das Kircheninnere ist durch die großen Bogenfenster lichtdurchflutet. Es wird
nach oben durch eine Bretterdecke abgeschlossen, deren Farbgebung
und
Ornamentik durch Carl Fey, Thalmühle, entworfen und durch E. Reitz sen. aus
Gleschendorf mit Naturfarben erstellt worden ist.
Die Einrichtung weist eine Nord- und Westempore auf. Die Westempore trägt
die neue, aus dem Jahre 1985 stammende Orgel der Fa. P. Bruhn & Sohn,
Aarslev Rodekro, Dänemark, deren
Rückpositiv sich in die Wand der Westempore
einpaßt. Durch diese in "klassischer" Bauweise erstellte Orgel wurde
die nach einer missglückten Restaurierung nicht mehr bespielbare Schulze-
Orgel
aus dem Jahre 1864 ersetzt. Die neue Orgel wurde ohne jegliche finanzielle Hilfe
von außerhalb in beispielloser Weise allein aus Mitteln der Kirchengemeinde
Gleschendorf unter Mithilfe eines
eigens dafür gegründeten Orgelbauvereines,
sowie duch ein großzügiges Legat des Rentners Raffael erstellt. Sie wird von allen
bisher auf ihr musizierenden Musikern aus aller Welt als ein besonders
klangschönes
Instrument bezeichnet.
Von der ursprünglichen Einrichtung aus der Zeit vor dem Abriss stammen die aus
gotländischem Kalk gefertigte Taufkuppa, sowie die dazugehörige Taufschale aus
Messing aus dem 16./17.
Jahrhundert. Auch die Kirchentruhe aus dem 18. Jahrhundert
mit alten Eisenbeschlägen hat jetzt ihren Platz im Kircheninneren wieder
erhalten und dient als Spendentruhe. Ferner sind aus der
früheren Zeit noch das
barocke Kruzifix, welches als Astkreuz ausgebildet ist und ursprünglich goldgefaßt
war, sowie der Taufengel am Nordost-Abschluß des Kirchenschiffes. Die beiden
versilberten
Leuchterpaare auf dem Altar stammen aus dem 18. Jahrhundert und
aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Die Emporen sind zusammen mit den nach außen führenden Türen in den Jahren 1975 und 1976 durch den Maler Dieter
Wien, der in dem zur Kirchengemeinde Gleschendorf gehörenden Ort
Kesdorf wohnt, künstlerisch gestaltet worden.
Die Empore zeigt Bilder einheimischer Heilpflanzen und Vögel, verweist
also damit exemplarisch auf die Vielfalt der göttlichen Schöpfung. Dem gleichen
Thema ist anhand des Liedes "Geh'
aus mein Herz und suche Freud" eine Rückwand des Kirchenschiffes und eine Tür an der Südseite gewidmet.
An der Brüstung der Empore befinden sich zwei Legendenbilder. Das linke Bild erzählt die Geschichte von dem Heiligen
St. Bernhard und einem Bauern. Dieser wettet mit dem Heiligen um dessen Pferd, daß er "richtig" beten könne, diese
Wette aber verliert, weil er während des Gebetes begierig an den wunderschönen Sattel denkt und während des Gebetes
fragt, ob der Sattel zur Wette dazugehöre und somit schon seine Wette verloren hatte.
Das zweite Bild zeigt einen Harlekin, der traurig darüber ist, daß er nicht die Gebete und Gesänge der Mönche kennt
und somit vermeintlich seinem Gott nicht dienen kann, sich dann aber seiner Fähigkeiten besinnt und Gott seine Fertigkeiten vorführt.
Die beiden Ölbilder an der Kanzel sind einem Gedanken aus dem dritten Artikel des "Credo" zugeordnet, dem "ewigen
Leben". Sie erzählen die Legende von dem Mönch, welcher im Walde gedankenverloren dem Gesang dr Vögel lauscht
(Bild an der Westseite der Kanzel) und bei der Rückkehr ins Kloster bemerken muß (Bild am Aufgang zur Kanzel),
daß inzwischen mehr als Tausend Jahre vergangen sind. So soll uns verheißen sein, wieviel Glück der Mensch erfahren
wird, wenn er im ewigen Leben seinem Schöpfer begegnet, nachdem er schon im irdischen Leben, wenn er sich nur in
die Schöpfung und ihre Schönheiten versenkt "außer sich" und "außer der Zeit" sein kann.
So soll in der Gleschendorfe Kirche nicht nur durch das gepredigte oder gesungene Wort, sondern auch durch Plastik und
Bild hingeführt werden zum Vertrauen auf "Gott den Schöpfer" (Empore) "Christus den Erlöser" (Kruzifix auf dem Altar) und
den "Heiligen Geist" und das "Ewige Leben" (Kanzel)!
Prof. Dr. Gerd Jütting
Vorstand des Gleschendorfer Musikvereins e.V.
und Mitglied im Vorstand des Fördervereins "Unser Kirchturm muß leben" e.V.
|
|
ÜBER UNS
- unser Team
- Gemeindebrief
- Geschichte
- Webcam
- unsere Kirche
- Region Strand
- Friedhof
- Kindergarten
|
|